Focusing ist eine klientenzentrierte erlebnisaktivierende
Methode, die hilfreich ist, um das ganzheitliche Erleben einer
Person bewusst zu machen und für Veränderungsschritte
zu nutzen. Eine Art innerer körperlicher Aufmerksamkeit
hilft, Kontakt zu dem Empfinden, der gefühlten Bedeutung
(Felt sense), bezüglich einer bestimmten Lebenssituation
oder -thema herzustellen. Diese gefühlte Bedeutung wird zunächst
meist sehr unklar und vage wahrgenommen; wird ihr aber Aufmerksamkeit
geschenkt, wird sie sich in Worten oder Bildern ausdrücken
und führt so oft zu kleinen Veränderungs- und Handlungsschritten,
sowie neuen Gedanken.
Focusing kann außer in der Psychotherapie
auch im täglichen Leben angewendet werden
- Wenn Sie sich wohler fühlen wollen, aber nicht wissen,
wie.
- Wenn Sie eine Entscheidung treffen wollen / müssen.
- Wenn Sie im Kontakt mit anderen Menschen mehr für
Ihren Freiraum sorgen und/oder offener sein wollen.
- Wenn Sie mehr von einem körperlichen Symptom erfahren
wollen.
- Wenn Sie eine kreative Aufgabe angehen möchten.
- Wenn Sie ihre Träume verstehen und aus ihnen lernen
wollen.
Auch gibt es Erfahrung im Einsatz von Focusing
bei traumatisierten Patienten.
Eugene T. Gendlin von der Universität Chicago
hat diesen Vorgang entdeckt und erlernbar dargestellt. Er beobachte,
dass in Therapien diejenigen Klienten erfolgreicher sind, die
während der Therapiesitzungen Focusing durchführten.
In seinem Buch "Focusing" beschreibt er die sechs
Focusing-Schritte auf eine allgemeinverständliche Weise.
Sie können jetzt gleich Focusing
ausprobieren, indem Sie die untenstehenden Anweisungen
von Eugene T. Gendlin befolgen:
1. Schritt: "Einen
Raum schaffen
Erst bitte ich Sie, einmal ganz ruhig zu sein. Entspannen Sie
sich einen Moment.
Nun achten Sie auf Ihr Inneres, auf Ihren Körper, vielleicht
auf Ihren Magen oder Ihre Brust.
Achten Sie darauf, was dort vor sich geht, wenn Sie fragen: "Wie
steht es mit meinem Leben? Was ist im Moment für mich das
Wichtigste?"
Horchen Sie auf Ihren Körper und lassen Sie die Antworten
langsam von dort kommen. Wenn etwas auftaucht, dringen Sie nicht
hinein.
Treten Sie einen Schritt zurück, sagen Sie: "Ja, das
ist da. Ich kann es hier fühlen." Lassen Sie einen kleinen
Raum offen zwischen ihm und Ihnen.
Dann fragen Sie, was Sie sonst noch fühlen. Warten Sie erneut
auf die Antwort. Normalerweise sind es mehrere Dinge.
2. Schritt: Felt
Sense
Wählen Sie eines unter den soeben aufgetauchten Problemen
aus. Dringen Sie aber nicht hinein. Treten Sie einen Schritt zurück.
Natürlich hat das Problem, mit dem Sie sich beschäftigen,
viele Aspekte - zu viele, um an jeden davon einzeln zu denken.
Sie können aber alle diese Aspekte gleichzeitig fühlen.
Achten Sie auf die Stelle, an der Sie gewöhnlich Gefühle
empfinden und sehen Sie, welches Gefühl das Problem in seiner
Gesamtheit in Ihnen auslöst. Lassen Sie dieses komplexe Gefühl
auf sich wirken.
3. Schritt: Finden
eines "Griffs"
Welcher Art ist dieser unklare "felt sense?" Lassen
Sie ein Wort, einen Satz, ein Bild aus dem "felt sense"
entstehen. Es kann ein Eigenschaftswort sein wie "eng, schmutzig,
angsteinflößend, blockiert, schwer, nervös,"
ein Satz oder ein Bild.
Bleiben Sie in Berührung mit dem "felt sense",
bis Worte oder Bilder kommen, die genau dazu passen.
4. Schritt: Vergleich
Gehen Sie hin und her zwischen dem felt sense und dem Wort (oder
Satz oder Bild). Prüfen Sie, wie gut beide zusammenpassen.
Achten Sie darauf, ob ein kleines körperliches Signal Ihnen
bestätigt, daß Sie das richtige Wort gefunden haben.
Um das herauszufinden, müssen Sie sich sowohl den "felt
sense" als auch das Wort vergegenwärtigen.
Wenn sich der "felt sense" verändert, muß
sich auch das Wort oder das Bild verändern, bis es genau
die Eigenschaft des "felt sense" trifft.
5. Schritt: Fragen
Nun fragen Sie: "Woran liegt es, daß dieses Problem
in mir dieses bestimmte Gefühl hervorruft?"(das Sie
soeben benannt oder mit einem Bild umschrieben haben).
Achten Sie dabei darauf, daß Sie den "felt sense"
wieder spüren, frisch und lebendig (und nicht nur in der
Erinnerung).
Wenn er da ist, berühren Sie ihn, fühlen Sie ihn, fragen
Sie: "Was ist in diesem Gefühl?" Sollten Sie darauf
eine schnelle Antwort erhalten, ohne daß ein "shift"
im "felt sense" eintrifft, lassen Sie diese Antwort
an sich vorübergehen. Wenden Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder
Ihrem Körper zu und suchen Sie den "felt sense"
erneut. Dann fragen Sie wieder. Bleiben Sie in Kontakt mit dem
"felt sense", bis die Antwort mit einem "shift",
einer körperlichen Erleichterung und Entspannung, eintrifft.
6. Schritt: Aufnahme
Empfangen Sie alles, was mit einem "shift" kommt, in
einer entgegenkommenden Haltung. Lassen Sie es eine Weile auf
sich wirken, selbst dann, wenn es nur eine leichte Entspannung
war. Was auch immer kommt, es handelt sich nur em einen einzelnen
"shift" unter mehreren, die noch eintreffen werden.
Nach einer kleinen Weile werden Sie weiterfahren wollen, doch
vorerst halten Sie einen Moment ein.
Wenn Sie beim Lesen dieser Instruktionen irgendwo
eine kleine Weile damit verbracht haben, auf ein unklares, umfassendes
körperliches Empfinden eines Problems zu horchen, dann war
das Focusing. Es spielt dabei keine Rolle, ob ein "body shift"
eintrat oder nicht. Er kommt ohne unser Dazutun. Wir haben keine
Kontrolle darüber."
(Focusing Manual. The Focusing Institute,
Spring Valley, NY 10977. Erhalten am 30.12.2001 vom World Wide
Web: http://www.focusing.org/german.html)
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